Mal wieder gegen den alten Rivalen aus Burg… das letzte Aufeinandertreffen gab es beim Schnellschach – 4er-Mannschaftsturnier im Oktober.
Damals ging der direkte Vergleich unentschieden aus, Burg gewann aber das Turnier souverän. Seit vielen Jahren spielen vor allem deren erste vier Bretter zusammen und stellen einen starken Block für jeden Gegner dar.
Wir bekamen unsere erste Acht komplett ans Brett, während Burg einen Ausfall zu verzeichnen hatte. Dadurch hatten wir leichte Vorteile bei den DWZ und waren optimistisch betrachtet auch klitzekleiner Favorit.
Jens hatte es als Schwarzer mit Thies Rosenburg zu tun. Da gab es übliche Bilder mit etwas weniger Raum für Jens, dafür aber gutem Gegenspiel vor allem gegen einen (zu?) weit vorgerückten Randbauern. Andreas spielte mit weiß gegen Thomas Nonnenmacher. Dort war vieles symmetrisch, allerdings bekam schwarz einen Isolani verpasst. Auf der anderen Seite hatte der schwarze Läufer dadurch eine freie Diagonale und sehr aktive Springer. Ich fand das sehr schwer einzuschätzen.
Ich spielte mit schwarz gegen Hendrik Janke, zum ersten Mal überhaupt. Wurde ich letztens im dritten Zuge überrascht, kam es dieses Mal noch einen Zug früher. Ich ließ mir Zeit, erinnerte mich aber an einige Varianten, von denen ich nach wenig Schlaf zuvor die schlappste, aber solideste wählte. Sören hatte im Zentrum und am Damenflügel gegen Hauke Rosenburg etwas mehr Raum, auch bei leichtem Entwicklungsvorsprung. Sein Doppelbauer war nicht schwach, ermöglichte er doch Druck auf der halboffenen Linie daneben.
Jashe hatte schwarz gegen Reiner Kühl und sich offensichtlich vorbereitet. Da gab es etwas mehr Raum und Entwicklungsvorsprung für weiß, dafür einen weißen Isolani mit prächtigem Feld davor auf der schwarzen Habenseite. Man musste als schwarzer aufpassen, aber Jashe schien auf der Höhe und glich nach und nach den Entwicklungsnachteil aus. Sven hatte es mit Sönke Becker zu tun. Vor vielen Jahren wäre das sicher ein scharfer Franzose geworden, aber Sven ist auch den zu den ruhigeren Eröffnungen übergegangen. Das sah recht ausgeglichen aus, allerdings konnte man bereits erkennen, dass Sönke diesen nur erreichen würde, wenn er genug Druck auf ein freies Feld im Zentrum ausüben könnte.
Nun hatte auch Hauke seinen Neuanfang nach einigen Jahren Pause. Er kam mit schwarz in seine früher bewährten Muster und hatte Ausgleich gegen Jan Harten. Das war bei Jörn gegen Jan Hennig etwas anders zu bewerten. Raumübergewicht im Zentrum, etwas unharmonisch platzierte schwarze Figuren, dann noch ein Doppelbauer… weiß war im Vorteil.
Nun geschah eine Weile lang wenig Entscheidendes, davon abgesehen, dass aufgrund der wandernden tiefen Sonne immer mal wieder Bretter räumlich verändert werden mussten, teilweise mehrfach. Mein Gegner Hendrik fand sich irgendwann zwischen zwei Itzehoern wieder. Meine etwas frotzelnde Bemerkung, dass sich dies sicher gut anfühlen müsse, wurde mit einem Kopfschütteln beantwortet.
Mittlerweile war allerdings der Wettkampf etwas in unsere Richtung gekippt. Jens hatte den kecken vorgerückten Bauern vom Brett entfernt, Sven hatte erheblichen Vorteil am Damenflügel, Jörn stand klar besser. Alle anderen Bretter waren nach meiner Einschätzung weitestgehend im Lot.
Dann bekam Hauke ein Remisangebot seines Gegners und nahm es nach einigem Zögern an: ich hätte lieber Haukes Steine gehabt, aber das war Geschmackssache. Ich bot meinem Gegner in absolut ausgeglichener Stellung remis an, was nach sehr langem Nachdenken (die Hälfte der Rest-Bedenkzeit) abgelehnt wurde. Man darf nicht remis machen, muss also gewinnen, lautet das Phänomen. Aber man dürfte auch weiterspielen, ohne sofort das Visier hochzuklappen. Bald kamen dann Angriffsversuche, die ich sicher abwehren konnte. Mein zweites remis-Angebot wurde dann angenommen. Ich war ganz froh ob des Schlafmangels, aber dass die Stellung mittlerweile klar besser war für mich, war mir tatsächlich vollständig entgangen. Während dessen hatte Jörn sehr überzeugend gewonnen. Mehr und mehr Figuren zogen Richtung gegnerischen Königs, zerpflückten dessen Bauernschutz und standen kurz vor dem Matt. 2:1
Jens hätte hier einen zweiten Bauerngewinnen und dabei auch noch Damentausch erzwingen können (Retroanalyse sagt: Gewinn für Jens), verzichtete allerdings darauf und ging mit der Dame zurück, um wichtige Felder zu decken.
Bald hatte auch Sven seinen Gegner klar überspielt und war im Begriff, im Zentrum eine gefesselte Figur zu erobern, als Sönke aufgab. Und auch Jashe – mittlerweile bereits jenseits vom 40sten Zug – kam zu Materialgewinnen, eroberte eine Figur im Endspiel mit einem weit vorgerückten Bauern und gewann so die Partie. 4:1
Nun sah das gut aus, den Mannschaftskampf betreffend. Hoch würden wir nicht mehr verlieren. Allerdings nahten dunkle Wolken am Horizont: Jens kam mächtig unter Druck – Thies hatte einen extrem starken Angriff mit Dame und Springer sowie Bauern, die Jens auf den Pelz rückten. Andreas wurde überspielt von seinem Gegner, der dann teilweise drei Bauern mehr hatte. Sören hatte nicht die Geduld seines Gegenspielers und tauschte ein Bauernpaar, so dass bei ihm der Doppelbauer übrigblieb, von dem dann bald einer in die Schachtel wanderte. Hätte ich hier wetten sollen, ein 4:4 wäre mein Tipp gewesen.
Dann allerdings Aufatmen: Jens hatte remisiert. Er hatte seinen Läufer für zwei Bauern geben müssen, um schlimmstes zu verhindern und konnte dann seine Dame aktivieren. Ich bin nicht sicher, ob das ganz zum Ende hin auch noch so war, aber Thies musste klar auf Gewinn gestanden haben. 4,5:1,5
Andreas hatte noch einige kreative Ideen vor allem in Richtung Dauerschach und eroberte zwei der Mehrbauern, wurde dann aber doch von einem Bauernvormarsch überrascht und musste die Niederlage quittieren: Bauernumwandlung ohne Kompensation war nicht zu verhindern. Auch Sören wurde langsam aber sicher überspielt. Stark gemacht von Hauke, muss man sagen. 4,5:3,5
Ein solch knapper Sieg ist immer auch etwas glücklich, war aber insgesamt verdient. Das Brett, an dem wohl am meisten einseitig verschenkt wurde, war sicher meines. Aber wenn es trotzdem zum Mannschaftssieg reicht, soll es mir recht sein.
Der erste Mannschaftssieg gegen Burg seit Menschengedenken; besonders hervorzuheben sind aus meiner Sicht die Siege von Sven, Jashe und insbesondere von Jörn, die zu sehr wichtigen Zeitpunkten den Mitspielern Sicherheit gaben. Mit dem Abstieg sollten wir nichts mehr zu tun haben und können den Rest der Saison befreit aufspielen. Nächster Gegner ist ein noch älterer Rivale als Burg: Glückstadt. Schauen wir mal…