Nach unendlich langen Wochen und Monaten des Wartens auf Mannschaftsspiele am Brett ging es endlich weiter: die Verbandsliga A mutiert immer mehr zum Bezirk West 2.0. Nunmehr sind sechs der zehn Mannschaften aus unserem Bezirk, und statt Hessenstein, Holtenau oder Flintbek kommen die ‚Fremden‘ aus Husum, Flensburg, Eckernförde und Rendsburg. Das sieht nach einer spannenden Saison aus. Nominell sind wohl Burg, Husum und Glückstadt als Aufstiegsfavoriten zu nennen. Der Rest wird sich vermutlich mit dem Thema Abstieg zu befassen haben.
Unser erster Gegner war der alte Rivale und Weggefährte aus Heide, gegen die wir das letzte Spiel der abgebrochenen Saison hätten spielen sollen, die davor aber einige Jahre nicht auf uns getroffen waren. Etwas Wehmut kommt bei mir immer auf, wenn es nach Heide geht – da sind doch so einige Spieler, die ich gerne treffe (unabhängig von Ergebnissen auf dem Schachbrett). Darüber hinaus empfand ich die Heider immer als sehr faire Sportsleute. Irgendeinen Protest wegen irgendeinem Piffkram gibt es da nicht.
Man spielt wie üblich im Bürgerhaus. Obwohl dort großzügige räumliche Verhältnisse vorherrschen, dürfen aufgrund der Abstandsregeln nur fünf Bretter aufgebaut werden, die anderen befinden sich im eigentlichen Analyseraum.
Andreas ist unsere neue Nr. 1 und so durfte er gegen Jürgen Meyer ran. Da ging es gleich ordentlich zur Sache. Ohne Taktieren ging es taktisch zur Sache. Andreas hatte einen Bauern weniger, stand aber aktiv und hatte Entwicklungsvorsprung. Da konnte alles passieren… Sören spielte mit schwarz gegen Sönke Becker. Das sah recht lange nach Theorie aus, Armdrücken im Zentrum führte zu einigen Abtauschen. Vorteil für die eine oder andere Seite konnte ich nicht ausmachen.
Ich traf auf Bernd Hansen, der mich beim Blitzturnier in Itzehoe vor zwei Wochen völlig zerpflückt hatte, auch wenn es wegen‚ der eine hat keine Zeit mehr, der andere kein Holz, remis wurde. Was mag mich erwarten? Tatsächlich kam ich zuhause auf die Idee, dass mir ein Albin vorgesetzt werden könnte. Ach was, wer spielt denn sowas? Nach zwei Zügen am Brett wurde ich eines Besseren belehrt. Das rudimentäre Wissen über die Eröffnung reichte aber aus, um nicht schnell einzubrechen. Läuferpaar und bessere Entwicklung signalisierten Vorteil, auch wenn der Mehrbauer schnell wieder weg war. Jochen hatte gegen Rene Gehlsen eine Leib- und Magenstellung, wie mir schein. Sichere Königsstellung mit guten Entwicklungsmöglichkeiten, ein paar Nadelstiche gegen das weiße Zentrum…
Kalle mit weiß gegen Samvel Sahakyan; das sah ganz ordentlich aus, fand ich. Wichtigstes Merkmal war für mich, dass der weiße Läufer von g5 mit h6 und g5 weggedrängt wurde. Das ist natürlich eine Schwächung, aber bedingt auch gewisses Angriffspotential. Beide rochierten aus naheliegenden Gründen lang. Bei den anderen Brettern stromerte ich erst etwa nach einer Stunde vorbei. Kann ja nicht viel passiert sein…
Stefan hatte gegen Jan Honnens eine völlig demolierte Bauernstellung, dafür auch noch einen Bauern weniger. Das sah gar nicht gut aus. Ich war so erschrocken, dass ich mich an Pits Stellung gegen Jan Marten Gemkow nicht mehr erinnere. Ulf war mit seinem jungen Gegner Marco Röpke bereits weit über den 30.Zug hinaus und in einem Endspiel, in dem Ulf zwei Bauern mehr, aber eine Figur weniger hatte. Schwindelchancen… bestenfalls. Weia…
Mein Vorteil vergrößerte sich kontinuierlich von einem halben Plusbauern (Engine) zu einen ganzen und mehr. Das reichte mir aber nicht, wir hatten je beide Türme und ungleichfarbige Läufer. Allerdings ging auch das vorgerückte Kerlchen auf der d-Linie verloren, worauf mein Gegner aufgab. Das ging rascher als gedacht… 1:0 (aus unserer Sicht)
Stefan und Ulf schlenderten herein, o weh. Beide hatten aber gewonnen, wie denn das bitte? Stefan hatte in der Stellung, die ich als miserabel eingeschätzt hatte, bereits eine Mehrfigur (Lb5 Da5+ Sc3 d4…) und die Partie sicher nach Hause geschoben. Ulf zeigt mir später seine haarsträubende Partie. Wie kann man in einer Stellung, die Motive aus dem Max-Lange-Angriff enthält, nach einer Stunde jeweils mehr als dreißig Züge gemacht haben?! Im Endspiel überspielte Ulf seinen jungen Widersacher, der in der Eröffnung mehrere taktische Finessen sah und aufs Brett brachte. Pühhh… 3:0
Mittlerweile hatte Jochen einen Turm vom Damenflügel auf den Königsflügel beordert. Dort hatte er eine so gewaltige Übermacht, dass sein Gegner unter Figurenopfer sofortiges matt verhindern konnte. Jochen ließ aber nicht locker und drückte weiter. Ein unabwendbares matt mitten auf dem Brett stand bevor. Toll gespielt von Jochen! 4:0
Sönke und Sören hatte eine fast symmetrische Bauernstellung, je eine Dame und Läufer. Sönke wies mit Blick auf den Gesamtstand zunächst das remis-Angebot zurück, um kurz danach doch einzuwilligen – da war einfach gar nichts… 4,5 : 0,5
Pit hatte ein schlechtes Turmendspiel zu verteidigen, was ihm nicht gelang. Recht routiniert gespielt von Jan Marten, und sicher gepunktet. 4,5 : 1,5
Andreas war mittlerweile im Endspiel mit einer Mehrqualität, aber ein freier a-Bauer und ein extrem angriffslustiges Springerpaar machten einen Gewinn schwer, vielleicht auch gar nicht zu erzwingen. Nach weiteren Tauschen verblieb Andreas mit Turm und Läufer gegen Springer und Läufer und entschied sich in einem guten Moment, den Läufer gegen den Springer zu tauschen. Danach musste der schwarze König am Rand sich für eine Ecke entscheiden und wählte falsch: die Ecke, die der Läufer bestreicht. Lobenswert, dass Jürgen Andreas das Matt erlaubte. 5,5 : 1,5.
Kalle war noch am Brett und kämpfte in einem schlechten Endspiel, das mal verloren, mal remis war, wie mir schien. Am Ende hat es für ihn nicht mehr zu etwas Zählbarem gereicht. 5,5 : 2,5.
Das war gut heute und hat richtig Spaß gemacht – die Mannschaftsleistung war wirklich ansprechend. Bei traumhaftem Wetter verabschiedeten wir uns bester Laune aus Dithmarschen.